Montag, 29. April 2019

Tag 5 Grenzerfahrung

Sven legt heute eine kleine Pause ein und so entschließe ich mich die Gegend auf eigene Faust zu erkunden. Google zeigt gleich hinter Durres eine tolle Gebirgskette an und auch ein paar Straßen genau durch dieses hindurch. Auch mein TomTom 400 setzt einen tollen Rundkurs durch das Gebirge. Also rauf auf die GT und los geht's.
Nach ein paar km wird aus der schlechten Asphalt Decke Schotter und dieser wird ein paar 100m später zu einem unterspühlten lemigen Gebirgsweg den man auf keinen Fall mit einer Straßenmaschine befahren sollte. Wie meine Tochter vor vielen Jahren jedoch trefflich bemerkte: "Mein Papa ist kein Mann sondern ein Er!" fuhr ich also weiter und nach ein paar grossen rutschigen Schlammlöchern traute ich mich auch nicht mehr umzukehren. Daß die vom TomTom in 2km angezeigte größere Straße genau in dem gleichen Zustand ist wusste ich an dieser Stelle noch nicht.
So quälte ich die GT im Angesicht meines Schweißes weiter die Berge hinauf. Als mir und meinem Baby an einer extrem steile Stelle alles abverlange tauchte neben mir ein Mann auf einem Pferd auf. Wie sich heraus stellte wohnte er mit seiner Familie und einem Onkel den Berg hinauf in einer Hütte und hat im bergigen Umfeld diverse Tiere die sich dort frei bewegen und jeweils von zwei Hirtehunden bewacht werden.  Er holte seine Frau und seine Kinder zu uns, denn die Tochter konnte englisch und mein albanische tendiert in Quadrat gegen Null.
Erst durfte ich eine Runde auf seinem Pferd sitzen, reiten würde ich das nicht nennen (ganz schön hoch so ein Tier und dann auch noch auf einem Berg). Nach dieser halsbrecheristischen Aktion lud er mich auf ein Glas gezuckert, frische Ziegenmilch ein.

Offroad in den Bergen hinter Durres

umgestiegen auf ein PS

die Ziegen, ihr Stolz

gesüsster Ziegenmilch
Nach der Milch folgte der Rundgang.
Sie zeigten mir eine trächtige Kuh, ich sah eine Kuh mit ihrem 3 Tage alten Kalb und ich durfte die Taubenkücken und die Bienenvölker bestaunen.
Mutterkuh und Kalb

Tauben Nachwuchs 

zwei von fünf Völkern 
Auf einmal ging alles ganz schnell.
Ich konnte es gerade noch abwimmeln mit ihm auf Hasenjagt zu gehen, da bot er schon an für mich ein Ziegenkitz zu schlachten. Dieses Mal komme ich da nicht wieder raus und so wird vor meinen Augen eine Ziege geschlachtet, ausgenommen und zubereitet.

Ziegenkitz

was für eine Landschaft
Wir unterhielten uns über viele Dinge bevor ich pappesatt auf meine GT stieg und die Abfahrt wagte. Wie es üblich ist musste der Weg erst noch schlechter werden bevor er wieder besser wird. Da spricht "Er" auch mal ein Stoßgebet gen Himmel um heil aus dieser Situation raus zu kommen. Wer auch immer dort oben zuhört, sei es Gott oder wie ihn mein Gastgeber nennt Allah.  Das Gebet oder meine nicht vorhandene Fahrkünste haben mich jedenfalls heil bis zur nächsten Asphaltstraße gebracht. Wieder in der Zivilisation angekommen musste ich die Orange erst einmal waschen lassen und mich gleich mit. Waschanlagen gibt es in Albanien genau wie Tankstellen und Werkstätten wie Sand am Meer. Allerdings sind es keine vollautomatische Waschanlagen wie wir sie kennen, sondern eher wie unsere Selbstwaschanlagen mit Servicepersonal. In meine Fall ein Junge ca. 14-15 Jahre alt der mein Motorrad (und mich) für umgerechnet 1,75€ abkärcherte und trochen wischte.

Abends zurück am Strand

Was ein Tag....was eine Erfahrung !!!

Mich hat das heute erlebte tief beeindruckt. Eine Familie die in einer Blechhütte lebt, kein fließend Wasser hat und selbst fuer albanische Verhältnisse eher am unteren Ende der Gesellschaftspyramide lebt, nimmt einen Fremden einfach so in ihren Alltag auf, ohne auch nur etwas an Gegenleistung zu erwarten. Auch der Abschied war so herzlich das ich dabei mit den Tränen ringen musste.
An diesem Erlebnis werde ich noch eine Weile knabbern müssen bis ich es endlich verarbeitet habe. Es wirft natürlich sehr viele Fragen auf was das Leben in unsere egoistischen Überflussgesellschaft betrifft.
Ich hoffe das sich diese Erfahrung positiv auf mein weiteres Leben auswirkt. Vergessen werde ich das auf jeden Fall nie!

DANKE ALBANIEN FÜR DIESE ERFAHRUNG!

PS: Sven geht es schon wieder besser und nachdem er sich meine Fassungslosigkeit über das Erlebte bei einem Strandspaziergang anhören durfte, gab es für ihn eine lecker Hühnersuppe. Alles wird gut!


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